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Montag, 22. Februar 2016

"Die Sturmfalken von Olbian" von Leann Porter



Aufbruch ins Ungewisse


Das Leben auf Kronnor ist nicht einfach für Halbsidhe, egal ob sie als Leibeigene wie die wilde Kaylin in der Burg arbeiten müssen oder der Sohn des Magoden sind. Jawed hat es doppelt schwer, weil er weder Mann noch Frau, sondern Sidhe-Metra ist und von allen als „Mädchenjunge“ verspottet wird. Nur zwei Dinge halten ihn aufrecht: Seine Träume von dem wilden Falkenmann, den er als Kind gerettet hat und das Kampftraining mit Kaylin bei dem Sklaven Grinser.

Als eine Delegation aus Olbian auf dem Weg zu den sagenumwobenen sankanischen Spielen in Kronnor halt macht, ändert sich alles. Kaylin schmuggelt sich mit einem abenteuerlichen Trick in die Gruppe von Sidhe, die nach Sanka gesandt werden und Jawed findet sich an der Seite des schweigsamen Caron als dessen verbundener Gefährte wieder. Wieso wollte der junge Mann ausgerechnet ihn und nicht eine seiner Schwestern ehelichen? Weiß er etwa von Jaweds geheimer Gabe?
Sanka, die goldene Stadt, ist ganz anders als Jawed und Kaylin es sich vorgestellt haben. Unabhängig voneinander müssen die beiden lernen, wem sie vertrauen können und wem nicht, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und ob es für sie vielleicht nicht nur Freundschaft, sondern auch Liebe gibt. Einfach ist das nicht, weil eine grausame Mordserie die Stadt erschüttert und die Mächtigen, so freundlich sie auch im Privaten sein mögen, keinerlei Skrupel haben, jeden in ihrer Nähe nach seinen Fähigkeiten einzusetzen. Dabei nehmen sie wenig Rücksicht auf Gesundheit oder gar die Gefühle der Männer und Frauen …

Die Sturmfalken von Olbian“ von Leann Porter ist – um das vorwegzuschicken – eine der wunderbarsten Geschichten, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Beim Dead Soft Verlag, der sie herausgebracht hat, glaubt man ja eigentlich sicher eine Gay-Story zu erhalten. Tatsächlich findet man die in dem Buch. Aber man findet noch auch noch sehr viel mehr!
Die Geschichte ist ein wunderbarer High-Fantasy-Roman, der nicht nur eine Welt voller farbenprächtiger, fremder Reiche und Städte entwirft, sondern auch ein Bild von interessanten und in sich schlüssigen Kulturen zeichnet. Natürlich ist selbst die beste „Welt“ langweilig, wenn sie nicht von interessanten Charakteren bevölkert wird, die das Herz berühren und den Leser dazu bringen, das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen.
„Die Sturmfalken von Olbian“ wird abwechselnd aus der Sicht von Jawed und Kaylin erzählt, die sich im Verlauf der Geschichte beide von unsicheren Jugendlichen zu selbstbewussten Erwachsenen entwickeln.


Den weiteren Weg geht mit Sicherheit Jawed. Er, der sich selber wegen seiner Anderartigkeit für ein Monster hält und seinen Körper hasst, lernt in Sanka endlich weitere Sidhe Metra kennen. Die Männer sind respektierte Kämpfer, zärtliche Geliebte und fürsorgliche Väter. Sie werden nicht verspottet, sondern geschätzt für das, was sie sind. Trotzdem braucht Jawed noch lange, bevor er sich auch nur vorstellen kann, das Caron ihn vielleicht doch nicht nur wegen seiner Heilerfähigkeiten ausgewählt hat. Denn auch Caron trägt ein paar Geheimnisse und Komplexe mit sich herum und ist nicht der Geschickteste, wenn es um offene Gespräche geht …

Kaylin dagegen weiß eigentlich genau, was sie will: Freiheit und eine Chance ihre Sidhe-Gabe im Umgang mit Tieren endlich beherrschen! Für ersteres war es nicht sehr schlau, sich selber mit einem Brandzeichen zu versehen, trotzdem schafft sie es schneller als erwartet in die berühmte Kampfarena von Sanka. Zwar nur als Knappe eines großmäuligen Trinkers, der sich selbst für den besten Kämpfer aller Zeiten hält, aber immerhin. Es dauert eine Weile, bis Kay merkt, das Thore auch richtig gute Seiten hat und außerdem … verdammt toll aussieht.

Das hört sich nach zwei Romanzen an, aber das Buch bietet viel mehr. Es erzählt glaubwürdig und berührend von alten Freundschaften, die durch nichts zu erschüttern sind, und von neuen Banden, die sich langsam bilden und allmählich immer fester werden.
Die Geschichte bringt den Leser dazu, laut zu lachen und lässt ihm die Tränen der Rührung in die Augen steigen. Nicht nur Jawed und Caron, Kay und Thore, sondern auch ihre Verwandten und Freunde werden so komplex und lebendig geschildert, dass man glaubt, an ihrer Seite durch die goldene Stadt zu schlendern, mit ihnen die lauten Kneipen, die prachtvollen Bäder und die verwinkelten Gassen zu durchschreiten.


Nur mit Hilfe ihrer Freundschaft und ihrer Freunde schaffen es Jawed und Kay schließlich zu entschlüsseln, was wirklich hinter den schrecklichen Morden steckt. Aber diese Erkenntnis und der Versuch den Mörder aufzuhalten, könnte sie alles kosten, nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das der Menschen, die sie lieben gelernt haben.

Die Sturmfalken von Oblian“ entziehen sich erfolgreich jedem Versuch, das Buch in eine Kategorie einzuordnen. Es ist mehr als ein Fantasy-Roman, mehr als eine Romanze und deutlich mehr als ein Krimi. Es erzählt in wunderschönen Worten und Bildern von der Kraft der Liebe, ohne zu verschweigen, dass sie auch eine zerstörerische Komponente haben kann.
Selbst wenn es tatsächlich lebendige Sturmfalken in Oblian gibt, so scheinen sie mir doch auch gleichzeitig ein Symbol zu sein: Sie stehen dafür, sich wild, frei und furchtlos die Welt zu erobern. Das ist nicht ungefährlich und doch wundervoll. Mut und Ehrlichkeit werden am Ende (hoffentlich) belohnt.
Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Buch ein Plädoyer für Toleranz ist. Unterschiedliche Völker und Kulturen, Männer, Frauen und Metra können friedlich zusammenleben, solange sie einander respektieren und ihre Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung ansehen.

Fazit:
Wenn man meine Begeisterung für das Buch bis hierhin noch nicht gespürt hat, habe ich etwas falsch gemacht. An Leann Porter und ihrer tollen Geschichte liegt es jedenfalls nicht! Das Buch bekommt vom mir mindestens 10 Punkte, auch wenn ich leider nur 5 geben darf.
Leseempfehlung? Unbedingt. Wer mit Jawed und Kay ins Ungewisse aufbricht, wird in sich in einer mitreißenden und wundervollen Geschichte wiederfinden, die das Potential hat, sich für immer ins Gedächtnis des Lesers zu graben.

P.S.1: Ich war versucht, das Buch gleich noch einmal zu lesen, habe mich aber dann stattdessen entschlossen, mit „Die Rache des Sidhe“ weiter zu machen. Die Story spielt im gleichen Universum, kann aber völlig unabhängig von den "Sturmfalken" gelesen werden und ist ein klassischer Gay-Fantasy-Roman.

P.S.2: Ich hoffe, dass es weitere Storys aus diesem Universum geben wird. Auch wenn „Die Sturmfalken“ rund und in sich abgeschlossen sind, will ich mehr von dem Menschen und Sidhe lesen, die mir so ans Herz gewachsen sind. Wie hat der rote Galen eigentlich seinen Felin kennengelernt? Was hat Gared schon alles erlebt und wie geht es weiter mit ihm? Welche Abenteuer erwarten Thore und Kay auf ihrer Reise durch die Ebenen? Und werden Jawed und Carun wirklich …

 Nö. Selbst die Frage wäre ein echter Spoiler.
Nur eines muss ich noch loswerden: In dem Buch wird unter anderem ein Thema behandelt, um das ich sonst einen riesen Bogen mache, weil ich damit wirklich überhaupt nichts anfangen kann. Das hier ist das erste Mal, dass ich mich damit anfreunden konnte, weil es nachvollziehbar, sensibel, glaubwürdig und erstaunlich selbstverständlich ein Teil der Geschichte ist.

Haben wollen? 
 Hier kann man die Bücher von Leann Porter kaufen:
- "Die Sturmfalken von Olbian"
- "Die Rache des Sidhe"

Für Leute, die nicht auf Fantasy stehen, empfehle ich:
- "Cooler als Caipirinha"
Fleckenteufel und Drachentöter

Bildquelle: amazon

# Die Rezension enthält Werbelinks.

2 Kommentare:

  1. Hallo Liebe Ulla,
    mit grossem interesse habe ich deine Rezi gelesen von "Die Sturmfalken von Olbian", herzlichen Dank dafür. Nun bin ich aber hin und her gerissen weil ich nicht weiss ob ich das Buch lesen soll da es ja angeblich (wie in einer Rezi bei Amazon erwähnt) keine Gay Geschicht sein soll. Alle anderen Bücher von Leann Porter habe ich gelesen und war begeistert. Nun habe ich aber ein bisschen Mühe mich mit diesem Buch auseinander zu setzen. Lese nicht sehr gern Hetero Romane und so wie ich das verstanden habe ist dies keine typische Gay Geschichte und das mag ich nicht so gerne. Finde ich ein bisschen komisch das der Dead Soft Verlag dieses Buch rausgebracht hat, mir war doch das der Verlag für die Hetero Storys einen eigenen Verlag gegründet hat, hab so was mal gelesen. Finde es ein bisschen verwirrend, früher konnte man sich beim Dead Soft Verlag immer darauf verlassen das sie nur Gay Geschichten veröffenlichen. Habe das Buch zwar gekauft aber es schreckt mich jetzt schon ab es zu lesen, ich möchte nicht mittendrin enttäuscht sein wenn es dann doch keine Gay Geschichte ist. Darum möchte ich Dich nun hier fragen ob es nun wirklich eine Gay Story ist oder nicht?
    Im Voraus möchte ich mich für deine Antwort bedanken und Grüsse Dich ganz Lieb
    Jacqueline
    PS: Dein Blog ist Toll bin jeden Tag hier und lese alles was sich im "Gay Himmel" neues tut.

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    1. :)
      Erst mal ein ganz liebes "Danke" für deine netten Worte.

      Die "Sturmfalken" sind insofern schon eine Gay-Geschichite, dass zwei der wichtigsten Hauptcharaktere und viele der Nebencharaktere schwul sind. Darüber wird auf ausführlich und offen geredet. Es gibt aber halt auch Kaylin und Thore, die definitiv hetero sind und auch eine sehr wichtige Rolle spielen.

      Die "Sturmfalken" sind ein unheimlich toller und berührender Fantasy-Roman, bei dem Liebhaber von Gay-Geschichten auf ihre Kosten kommen, der aber auch sehr interessant für Leser ist, die sich mit der Thematik vielleicht bisher nie beschäftigt haben.

      ^^ Wie man merkt, komme ich schon wieder ins Schwärmen ...

      Meine klare Empfehlung: Lies das Buch! Es ist einfach toll. Man verliert sich wahnsinnig schnell in der Geschichte und mag gar nicht mehr daraus auftauchen.
      Wie ich mittlerweile erfahren habe, wird es wahrscheinlich mindestens eine Fortsetzung geben, auch die ich mich jetzt schon freue.

      GLG ulla

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